EINKLANG

Neulich in einem Wein Podcast von einem Winzer gehört: „Ich kann es nicht mehr hören. Wir produzieren im Einklang der Natur. So ein Mist. Wir kämpfen das ganze Jahr durch gegen die Natur„. So oder so ähnlich. Da ich den Satz „Im Einklang der Natur“ auch ganz gerne verwende hat mich das ein wenig zum Nachdenken gebracht.

Arbeiten wir im Einklang mit der Natur?

Rahmenbedingungen: Unsere Weingärten befinden sich in einer Kulturlandschaft, die relativ dicht besiedelt und eher auf Monokulturen ausgerichtet ist. Diese Kulturlandschaft entspricht sehr wenig dem eigentlichen Habitat der ursprünglichen Rebe als Lianenpflanze an Lichtungen mit guter Wasserversorgung. Die Weinrebe selbst ist eine menschlich geschaffene Veredelung der Ursprungsrebe. Aufgrund der Reblaus ist diese auf eine andere veredelte Unterlagsrebe aus einer anderen Region gepfropft. Dazu hat der globale Handel dazu geführt, dass Krankheiten vorwiegend aus Nordamerika eingeschleppt wurden, die der europäischen Rebe zu schaffen machen. Auch den Waschbär gab es ursprünglich nicht bei uns. Im Einklang der Natur kann mit diesen Rahmenbedingungen kein „nichts machen“ bedeuten. So viel zur Erwartungshaltung.

Was bedeutet für uns „im Einklang mit der Natur“?

Wir haben ein mit konventionellen Rebsorten bestocktes Feld (Cabernet Sauvignon, Sauvignon Blanc,…). Dieses Feld ist ein gutes Beispiel. Begrünungsmanagement in den Gassen, zurückhaltende Düngung mit Schafsmist, etwas Bodenaufwertung mit Steinmehl, Muschelkalk, Lehm und Leonardit im Frühjahr, Hacken um den Unterstock, zurückhaltendes Gipfeln, Pflanzenstärkungsspritzungen mit Komposttee und Tinkturen und als dann etwas echter Mehltau kam, eine Spritzung mit Molke und Entnahme der stark befallenen Trauben. Alles nur unterstützende Maßnahmen, die das Gleichgewicht vor Ort fördern. Wir konnten dort wunderbare, physiologisch Reife, Trauben ernten. Fokus auf Gesundheit und nicht auf Ertrag. Wir bewirtschaften das Feld seit drei Jahren und konnten uns aus Zeitgründen 2023 erstmals das ganze Jahr durch darum kümmern. Die Ergebnisse waren direkt sichtbar, hat uns selbst überrascht. Die obigen Aktivitäten empfinde ich nicht als Kampf gegen die Natur, sondern als natürliche Maßnahmen, um gesunde Pflanzen zu haben.

Wo kämpfen wir gegen die „Natur“?

Würden wir es bei den obigen Aktivitäten belassen, wäre die Ernte verloren. Der Waschbär und die Stare nehmen sich den Trauben gerne an. Natürlich ist ein Weinfeld (als attraktive Insel) ein Anziehungspunkt für diese Räuber. Das Einnetzen der Rebstöcke ist irgendwie auch ein Kampf gegen die Natur. Die Natur in einer Kulturlandschaft.

Bei einem unserer Jungfelder mit einem Mix Reben, Hecken und Obstbäume haben wir ein massives Wühlmausproblem. Um das Feld herum ist eine Monokultur, die regelmäßig umgebrochen wird. Mais, Gerste, usw. Da ist es etwas ungemütlich und für die Mäuse nicht viel zu holen. Bei uns gibt es viel Wurzelwachstum von Dauerkulturen, Vielfalt, die Mäuse haben es gemütlich. Leider gibt es auf unserem Feld noch kein Gleichgewicht – wir müssen (bis ein Gleichgewicht mit den entsprechenden Beutetieren entstanden ist) den Kampf gegen die Wühlmäuse aufnehmen.

Wo sind wir der Natur ausgeliefert, ohne kämpfen zu können?

Bei Spätfrost Ende April bis Mitte Mai können wir nicht viel machen. Frost in der Zeit hat große Auswirkungen auf die Erntemenge.

Bei dauerhaftem Regen kurz vor der Reife. Hier müssen wir abwägen zwischen höheren Fäulnisgraden und geringerer physiologischer Reife.

Hagel, Sturm zum falschen Zeitpunkt und einiges mehr. Aber all diese Dinge sind einfach gegebene Rahmenbedingungen von Landwirten.


Wir kämpfen nicht gegen die Natur. Wir versuchen Systeme vor Ort, die sich nicht im Gleichgewicht befinden, durch kleine Interventionen möglichst gut in diese Balance zu bringen. Das ist ein Prozess, der sich nicht innerhalb von wenigen Monaten erreichen lässt. Bodenverbesserung und Biodiversität sind Projekte über Jahre. Gerade die ersten Jahre sind schwierig. Wenn sich langsam ein Gleichgewicht einstellt, wird es von Jahr zu Jahr einfacher. Durchhalten und nicht verzagen…

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